15. Ausgabe - Juni 2011

Muttersson - (Her-os)

Editorial

Liebe LeserInnen!

Die Sommersonnenwende ist die Feier der roten mütterlichen göttlichen Kraft, die durch alles hindurchgeht und Erde und Himmel miteinander verbindet (s. Siegrun Laurent). Dieses Fest wollen wir mit unseren Männern und Söhnen feiern, sie ehren und stärken als „Söhne der Erde", die sich dieser roten Kraft und dieser Wegweisung anvertrauen.

Immer wieder werden wir gefragt, welche Rolle denn die Männer innehaben in einer matriarchalen Gesellschaft. Wir haben dazu in diesem Heft Hinweise und Anregungen zusammengestellt, obwohl es letztendlich Sache der Männer ist, ihre Rolle in der Gesellschaft neu zu definieren. — Allerdings geht es hier nicht nur um eine Geschlechterfrage, sondern um eine grundsätzliche Beheimatung in der Welt und auf der Erde. „Muttersöhnchen" gilt bei uns als Beleidigung und Herabsetzung. Ein „Muttersöhnchen ist nicht ernst zu nehmen. Er hängt an ihrem Rockzipfel und traut sich nicht, sich den männlichen Herausforderungen dieser Welt zu stellen. Aber in diesem Wort steckt auch die Abwertung der Mutter. Ein „Vatersöhnchen" gilt dagegen als Anerkennung: Der wird es zu was bringen. Dieser mütter- und frauenfeindlichen Tendenz in unserer Gesellschaft halten wir das Wort "Muttersson" entgegen. Damit stellt sich der Mann in eine weiblich-mütterliche Genealogie, das heißt, er respektiert eine Ordnung, in der es nicht um Helden und Gewinner geht, sondern um Männer, die das Leben schützen, ehren und sich ihm ein- und unterzuordnen. Der Mann steht nicht über der Erde, er ist ein Teil von ihr, ihr Kind. Es geht um eine lebensliebende mütterliche Gesellschaftsordnung, die nicht auf Macht, Größe, Wirtschaftswachstum oder Profit ausgerichtet ist, sondern auf Lebenserhaltung und -wertschätzung. Es geht um das Leben und Überleben auf der Erde. Ein „Muttersson" ist ein Sohn, der dem Leben dient, keinem Heer, keinem Vaterland, keiner Partei, keinem Konzern, keiner „Sache". Er ist ein Sohn der Erde, verankert in ihrer Genealogie zum Leben. Er weiß, dass er alles ihr verdankt und ist dankbar für ihre Gaben. Er achtet und schützt sie. Er erfreut sich an ihrer Schönheit und verbindet sich mit seinen Mitwesen. Die Hybris der Macht ist ihm ebenso fremd eir Feindschaft und Konkurrenz. Stattdessen sorgt er dafür, dass sich das Leben entfalten kann und Kleines wächst.

Hinweise für eine solche Liebe zum Leben finden wir bei Erich Fromm und bei den indigenen Völkern (s. Interviews). Wir hören die Botschaft von Männern, die einen neuen Weg eingeschlagen haben und erleben die Orientierungssuche eines jungen Mannes bei uns (Jo). Mit Mariam Tazi-Preve fragen wir, was Vaterschaft denn heute bedeuten kann. Brauchen Jungen überhaupt Frauengeschichte? (Susanne Thum). Aus welcher Perspektive betrachten wir Geschichte und Kultur, wenn wir sie „entpatriarchalisieren"?

„Die Zeit ist reif` war die Botschaft des 3. Matriarchatskongresses in St. Gallen, über den wir ausführlich im nächsten Heft berichten. Die Zeit ist reif für einen elementaren Wandel in der Welt. Darum muss es die Planetare Bewegung geben, die sich auf die Seite von Mutter Erde stellt gegen ihre Vernichtung und Ausplünderung. In diesem Sinne verbünden wir uns mit der mütterlichen roten Kraft und folgen der Wanderin IANA auf dem Weg zum Leben. Wir feiern die Sommersonnenwende. Wir genießen den Sommer als Feier und Ausdruck unserer Entscheidung für diese Erde.

Krista Köpp


Inhaltsverzeichnis

6 Eine Botschaft für gewissenhafte Männer Gay Hendriks/ Ajuna Ardagh

9 Vergessene Gedanken von Erich Fromm Annette Kuhn

11 Was ist ein Muttersohn?
Interview mit Pyndaplin Massar und Valentina Pakyntein
Dagmar Margotsdotter-Fricke

13 Muttersohn im Mutterclan Wengji Wang

16 Die Rolle des Mutterbruders Peggy Reeves Sanday

18 Die Frau gibt Leben und die Erde gibt Früchte
Interview mit Walter Prudencio Magne Veliz Sarah Walz

21 Ein Mutter-Sohn-Gespräch

24 Dass ich keine Kinder haben möchte, wenn... Jo-Hendrik Fricke

26 Was bedeutet Vaterschaft? Mariam Irene Tazi-Preve

33 Brauchen Jungen Frauengeschichte? Susanne Thurn

37 Definitionsmacht und Mythenbildung Gudrun Nositschka

39 La Gioconda Mona Pacifica Barbara Pade

40 La Vierge de St. Nectaire und die Muttersöhne dieser Welt
Siegrun Laurent

42 Matriculum 3
Die Planetare Bewegung für Mutter Erde: Warum es sie gibt und geben muss Claudia von Werlhof

50 Die Rechte der Erde Vandana Shiva

52 Brot und Rosen für Mutter Erde
Ein Berlin-Bericht von Elisabeth Schwerin

54 Die Zeit ist reif
Ein St.Gallen-Bericht von Lydia Ruyle

56 Litha — Jahreskreisritual Siegrun Laurent

60 Die Kräuterfee

62 Buchbesprechung

64 Freuds Mann Mose Christa Mulack (Serie Teil 6)

68 GODEWEG

71 G.l.a.n.z.s.t.ü.c.k.e

74 Resonanzen

77 Matri-Netz

80 Impressum