10. Ausgabe - März 2010

Erneuerung - Ostara

Editorial

Liebe LeserInnen!


Wir feiern die Frühlings-Tagundnachtgleiche, das Fest der Lebenskraft. Die Sonne schickt wärmende Strahlen. Schnee und Eis schmelzen. Überall erwacht die Natur zu neuem Leben: Grün bricht hervor, die ersten Blumen zeigen sich. Die Zugvögel kommen zurück. Nester werden gebaut und das Eierlegen beginnt. Die Zeit der „Höhle", des Nach-innen-gerichtet-seins, ist nun vorbei. Impulse und Gedanken drängen nach draußen. Das Neue wächst und nimmt Gestalt an.
Wir erinnern uns und wiederentdecken die matriarchale Verwurzelung des Frühlingsfestes. Der Osterhase ist z.B. viel älter als das Christentum. Er galt als der heilige Mondhase der großen Göttin, der im Mond den Unsterblichkeitstrank braut, und als Symbol der Fruchtbarkeit. Die Eier wurden oft rot angemalt, denn rot ist die Farbe des Menstruationsblutes, des sich erneuernden Lebens. Junge Mädchen holen in der Frühe das „Osterwasser". Felder werden besprengt und mit heiligen Kräutern und Birkenzweigen zur Aussaat geweiht. Brunnen, Quellen, Wasser bedeuten Leben.
Wir atmen die frische Luft und schauen nach Osten, denn das Licht geht im Osten auf („ostar" heißt „Richtung gegen Morgen"). Als strahlende Göttin erscheint „Ostara", die Spenderin des Lebens, Göttin des Frühlings und der Morgenröte, verwandt mit der römischen „Aurora" und der griechischen „Eos". Ihre Botschaft begleitet uns und ist dieses Mal vor allem an die Töchter gerichtet, die wir mit dem Thema „Erneuerung" ehren wollen. Mit ihnen verbinden wir die Zukunft des Lebens auf unserem Planeten. Sie wollen wir stärken und ermutigen und gemeinsam mit ihnen das Netz des Lebens  knüpfen.
Ernie Kutter zeigt uns die Jungfrau in ihrer Liebe zur Freiheit und Eigenständigkeit. Mit „kämpferischen Mut" wehren  sich die „Jungfrauen" gegen einen Lebensentwurf, der sie in einer Ehe zum Anhängsel des Mannes machen will. In klösterlicher Gemeinschaft entsteht so eine weibliche Kultur, von der wir noch heute zehren. „Nur von unten wird das Neue kommen - von Euch oder niemandem!" Claudia von Werlhof appelliert an die Jungen, die StudentInnen, die endlich gegen das bestehende System zu rebellieren beginnen, sich nicht von Waren und Kapital blenden zu lassen, nicht einer abstrakten tötenden Wissenschaft und Technik zu folgen, deren Auswirkungen wir alle spüren. „Wir sind nicht die Macher" (Joanna Macy). Vielmehr  geht es heute darum, unseren Anthropozentrismus zu überwinden und die Welt als unsere „Geliebten" zu betrachten, mit der wir uns in unserer Einzigartigkeit und Verschiedenheit zu einem vielfältigen lebendigen Ganzen verbinden und andere Erdwesen respektieren können.
Was jeder monotheistischen Religion grundlegend fehlt, ist „die Liebe zur Tochter". Vera Zingsem nimmt damit den religiösen Faden auf, den Christa Mulack mit ihrem Beitrag weiter verfolgt. Es ist für uns eine große Freude, wenn die Töchter das lieblose und lebensfeindliche Patriarchat verlassen. Mutig und sehr lebendig lassen sie uns im Interview von Dagmar Margotsdotter-Fricke daran teilhaben. Schließlich erinnern wir uns mit Annette Kuhn an unsere Vorgängerinnen und Vorbilder in der Geschichte der Frauen und denken dankbar an Mary Daly, die am 3.Januar 2010 verstarb. Sie war und ist für uns eine der großen weisen Frauen, bleibendes „Symbol" (Astrid Wehmeyer)  einer Welt „Jenseits von Gott-Vater, Sohn und Co". - Mit der Kraft weiblicher Autorität spinnen die Autorinnen  die Lebensfäden weiter und eröffnen uns einen hellen und weiten Blick auf das erwachende Land.

Krista Köpp


Inhaltsverzeichnis

6 Die Jungfrau — Symbol für die Kraft der Erneuerung Ernie Kutter

10 Die Botschaft der Ostara Christa Köpp-Blodau

12 Nur von unten wird das Neue kommen - von Euch oder niemandem!
Claudia von Werlhof

20 Nicht besser leben sondern gut Klima als Symbol unserer Lebensweise Kerstin Pilop

24 Die Welt als Geliebte Joanna Macy

28 Töchter verlassen das Patriarchat
Interview Damar Margotsdotter-Fricke

34 Erinnerung ist weiblich Annette Kuhn

36 Zum Tod von Mary Daly Luise Pusch Astrid Wehmeyer

37 Eine Femmage Gudrun Nositschka

39 Monotheismus als grundlegende Erneuerung des religiösen Glaubens (Serie, Teil 2) Christa Mulack

44 Lied der Inanna (letzter Teil) Kerstin Pilop

48 Geliebte Töchter Vera Zingsem

51 An die Tochter

52 Die weibliche Macht der Erneuerung
Karin KaraMa Beran

54 Jahresrad: Frühlingszauber

56 Die Kräuterfee

58 Der Mikrokosmos der klassischen Chinesischen Medizin u. Akupunktur Barbara Luckert

61 Buchbespechungen

64 GODE-WEG: Der Holle-Weg (Teil 2) Annette Rath-Beckmann

68 G.I.a.n.z.s.t.ü.c.k.e

71 Resonanzen

73 Matri-Netz

76 Impressum